Mir Geht Es Gut Wie Nie
Mir geht es gut!
Sitz‘ in der Sonne, schlürfe Tee,
ein Grashalm kitzelt meinen linken Zeh,
die Drossel holt sich noch ’ne Rosine,
das neue Vogelhaus ist für sie längst Routine.
Mein W-Lan lässt noch auf sich warten,
denn es ist sehr weit vom Router in den Garten,
doch wenig später läuft dann auch mein Twitter.
Stürz‘ mich hinein in’s Mediengewitter,
’ne leichte Brise streichelt meinen Po
und Bomben fall’n auf Aleppo.
–
Jetzt wird’s zu kühl,
hör‘ auf zu surfen, gehe rein.
Neh’m die Kanne, zieh‘ mir’n Kaffee rein.
Die Kinder geh’n schon ihre eig‘nen Wege,
hab‘ viel mehr Fläche jetzt, auf der ich mich bewege.
Für’s Hobby jetzt ’n eig’nes Zimmer,
so schön war’s nie, so soll es bleiben, für immer.
Im Kühlschrank ist jetzt alles Bio,
mein Entertainment fast wie im Kino.
Ich schalte ein und zappe rum
im Mittelmeer kamen wieder dreißig Menschen um.
–
Der Pastor im Interwiev wählt sorgsam die Worte,
spricht von Zuwendung und Liebe der selbstlosen Sorte
und dass er, was wir erleiden, auch schon gekannt.
Zwischendurch hat ein Lager auf Lesbos gebrannt.
Ein Politiker spricht von Solidarität
und dass ’ne Lösung nur mit allen gemeinsam geht,
und wärend er spricht, sterben dort die Kinder
und ich geh‘ mit meiner Frau jetzt erst mal Essen, beim Inder!